Über den Wolken…

…hatte Reinhard Mey seinerzeit gut singen. Er war selbst passionierter Flieger, der mit einem eigenen historischen Doppeldecker bei Bedarf leicht die Wolken unter sich lassen und den blauen Himmel über sich genießen konnte. Für uns Segelflieger ist so etwas die große Ausnahme, denn beim Höhengewinn in der Thermik, ist stets unter der Wolke Schluss.

Dass es trotzdem gelegentlich geht, zeigten vor zwei Wochen unsere Piloten Noah, Florian und Timo. Voraussetzung dafür war eine Wetterlage, welche einen Flug in “der Welle” zuließ? Was ist in der Fliegerei ein Welle und wie entsteht sie? Bläst der Wind über ein Gebirge oder auch nur über eine Hügelkette, wird er zunächst nach oben abgelenkt und fällt dahinter wieder ab. Genau wie man es vom Wasser kennt, wird auch die Luft durch das Auf und Ab in Wellenbewegungen versetzt, die sich noch mehrfach fortsetzen und sehr hoch reichen.


Für den Flieger bedeutet dies breite Zonen mit aufsteigender Luft. Während man beim Ausnutzen von Thermik in belebter Luft auf engem Raum ständig kreist, kann in der Welle bequem geradeaus geflogen werden und das bei starken Steigwerten und gleichzeitig ganz ruhiger Luft. Für Segelflieger ist dies ein seltenes aber dafür ganz besonderes Erlebnis.

Noah, Florian und Timo starteten ihren Flug gemeinsam mit erfahrenen lokalen Piloten von Ludwigshafen-Dannstadt aus. Die Welle entsteht dort in der Rheinebene gerne bei Westwind ausgelöst durch den Pfälzer Wald. Sie zieht sich im besten Fall von der Frankfurter Kontrollzone bis nach Frankreich.


Im konkreten Fall war sie durch eine Südwindkomponente etwas lokaler, was dem Erlebnis aber keinen Abbruch tat. Das Erreichen der Welle ist ohne Thermik nur mit einem längeren Schlepp per Motorflugzeug möglich. Ist die Welle erreicht, geht es in Eigenregie und lautlos weiter.

Mühelos und entspannt stiegen unsere Flieger wie im Fahrstuhl über die Wolken und hinauf bis auf 3.000 m. Höher sollte es an diesem Tag leider nicht gehen. Über 10.000 Fuß Höhe, was etwa 3.000 m entspricht, beginnt in Deutschland der kontrollierte Luftraum, in dem sich überwiegend Passagierjets bewegen. Dort darf ein Kleinflugzeug nach Sichtflugregeln nur nach Freigabe der Luftsicherung einfliegen.


Leider sollte es die für unsere Piloten an dem Tag nicht geben. Ein anderer Segelflieger, der später mehr Glück hatte, konnte sogar auf 5.800 m steigen. Der Rekord eines Segelflugzeugs in der Rheinebene liegt gar bei 9.000 Metern, was schon nahe bei der Reiseflughöhe von Verkehrsflugzeugen liegt! Nicht erst dann sondern bereits jenseits der 3.000 Meter ist das Fliegen mit Sauerstoff Vorschrift und dringend angeraten.

Für unsere Jungs war es ein phantastisches Erlebnis, dass ihr Fliegerleben um eine neue Erfahrung bereichert hat und sicher etwas, dass sich fest in die Erinnerung eingebrannt hat. Fast 4 Stunden vollkommen entspanntes Gleiten mit toller Aussicht in einer Jahrszeit, in der man sonst meist am Boden bleibt, ist schon herausragend.

Nur ein bisschen frisch war es. Wer im Herbst hoch hinaus will, ist gut beraten, 5-6 Lagen übereinander zu ziehen. Eine Heizung hat ein Segelflugzeug nicht. Es kann kalt werden über den Wolken…